Wir sagen Nein zu Gentechnik!
Warum neue Gentechnik keinen Freifahrtschein bekommen sollte
Gentechnik ist schon lang kein Fremdwort mehr. Die Forschung beschäftigt sich mehr und mehr mit Methoden, die zum Beispiel Pflanzen durch gentechnische Veränderungen anpassungsfähiger und widerstandsfähiger machen sollen. Dass diese Ansätze nicht einfach nur positive Ergebnisse, sondern auch Risiken mit sich bringen, wird oft verschwiegen.
Wir finden deshalb: Gentechnik in der Lebensmittelkette sollte weiterhin klar gekennzeichnet sein.
Was bedeutet Gentechnik?
Bei der sogenannten Gentechnik wird in die Zelle eines Organismus eingegriffen und dessen Erbgut künstlich verändert. Dabei wird etwa das Erbgut neu kombiniert oder Teile des Erbguts eines anderen Organismus übertragen.
Ein modernes Verfahren der Gentechnik ist die sogenannte Genschere CRISPR/Cas. Dabei werden gezielt Gene ausgeschaltet, verändert oder ausgetauscht. Beim Genome Editing werden also Änderungen im Erbgut ermöglicht und die Entwicklung gentechnischer Veränderungen beschleunigt. Genome Editing kann unvorhersehbare Veränderungen in der Pflanze mit ungewissen Folgen auslösen.
Wie betrifft uns Gentechnik?
Bisher dürfen nur zugelassene gentechnisch veränderte Organismen (GVO) auf den Markt, wenn sie gekennzeichnet und auf ihre Risiken geprüft wurden. Sie als Verbraucher*in können also selbst entscheiden, ob Sie Produkte mit Gentechnik konsumieren möchten. Außerdem könnten Unternehmen Patente auf Erbeigenschaften anmelden, die mit CRISPR/Cas hergestellt wurden. Die Patente würden auch dann greifen, wenn diese Erbeigenschaft für klassisch-gezüchtete Sorten auftritt.
Bio-Produkte sind bislang frei von Gentechnik, da GVOs nicht mit den Bio-Prinzipien vereinbar sind.
Was soll sich ändern?
Mitte 2023 will die EU entscheiden, ob die jetzige EU-Gesetzgebung zur Kennzeichnung von GVOs aufgeweicht werden und die Wahlfreiheit eingeschränkt werden soll. Wird der Vorschlag der EU-Kommission umgesetzt, hätten weder Sie als Verbraucher*in noch wir Akteur*innen aus der Bio-Branche eine Chance, zu erkennen, ob Pflanzen mit Hilfe von CRISPR/Cas gezüchtet wurden.
Wir Naturkosthändler*innen des BioMarkt Verbunds fordern, dass der ökologische Produktionsprozess auch in Zukunft frei von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) sein sollte.
- Wahlfreiheit: In unseren Denns BioMärkten wollen wir unseren Kund*innen auch zukünftig ökologische Produkte anbieten, die frei von Gentechnik sind.
- Transparenz und Rückverfolgbarkeit: Wir wollen unserer Verpflichtung gegenüber unseren Kund*innen nachkommen, die zu Recht immer noch skeptisch sind, was den Nutzen von gentechnisch veränderten Organismen angeht.
- Unabhängigkeit: Die zunehmende Anzahl von Patenten auf bestimmte Merkmale und genetisches Material in den Händen weniger Konzerne sehen wir kritisch. Der Ökolandbau geht einen anderen Weg als die konventionelle Landwirtschaft, denn die Landwirt*innen Wirtschaften im Einklang mit der Natur statt gegen sie. Ökolandwirt*innen sind also weniger abhängig von teuren Betriebsmitteln.
- Ernährungssicherung und Ressourcenschonung: Eine gesunde Umwelt ist die Grundlage unseres Ernährungssystems. Europäische Landwirt*innen können ausreichend Lebensmittel produzieren und gleichzeitig die natürlichen Ressourcen schützen. Das gelingt durch intelligente Veränderungen in der Landnutzung und agrarökologischen Innovationen, kombiniert mit einer Umstellung der Ernährungsgewohnheiten und Produktionsarten.
- Verantwortlichkeit: Wichtig ist uns als Naturkostfachhandel, dass die Last der Sicherstellung einer GVO-freien Produktion nicht denjenigen aufgebürdet wird, die keine Gentechnik verwenden wollen. Dies würde die Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft in der Europäischen Union erheblich behindern.
Wir fragen nach
Herbert Völkle, Ökozüchter bei der Getreidezüchtung Peter Kunz (gzpk) und Vorstandsmitglied des Dachverbands ökologische Pflanzenzüchtung, erklärt uns die Bedeutung der Gentechnik für die Ökozüchtung.
Wie sehen Sie das Thema Gentechnik aus Ökozüchtungssicht?
Meine größte Sorge ist die Fokussierung auf einzelne Methoden und Lösungen, indem man ein paar Basenpaare austauscht, um verschiedene Herausforderungen zu beantworten. Das ist die Ausrottung eines Handwerks. So verlieren wir die Biodiversität, die wir in den Zuchtgärten aktuell noch haben, und zwar im jährlichen Anbau durch Züchter*innen. Wenn man eine klassische Kreuzung erstellt, kommt eine große Vielfalt an Pflanzen raus. Man hat einen großen dynamischen, ständig in Bewegung befindlichen Pool an Biodiversität und sucht daraus die Pflanzen, die für die Landwirtschaft von heute geeignet sind. In der Ökozüchtung brauchen wir keine Gentechnik, weil wir mit unserem ganzheitlichen Ansatz auch weit kommen.
Mittelständische Züchterinnen und Züchter kommen hier zudem in unglaubliche Abhängigkeiten von Konzernen. Die Methoden sind nämlich patentiert und unterliegen Lizenzpflichten.
Welche Probleme kommen auf Kund*innen zu, wenn die Kennzeichnungspflicht wegfällt? Wo liegt das Risiko?
Das große Risiko ist das Wegfallen der Wahlfreiheit. Es kommt immer das Argument, dass wir mit einer Regulierung in Europa das Problem an die EU-Außengrenzen verlagern. Das stimmt natürlich schon, denn bereits in wenigen Jahren wird es Produkte aus den USA, China und Südamerika bei uns geben, die mit der neuen Gentechnik behandelt und nicht deklariert sind. Die, die das nicht wollen, müssen sich dann noch mehr an regionale Produkte halten. Natürlich werden GVO ihren Weg nach Europa finden, aber wir können ja trotzdem unsere Hausaufgaben machen und für die Regulierung, die Transparenz und die Wahlfreiheit sorgen.
Welche Auswirkungen gibt es durch den Einsatz von Gentechnik?
Ich sehe keine positiven Auswirkungen. Die stärkste negative Auswirkung ist eine weitere Beschleunigung des Strukturwandels, eine weitere Zentralisierung, der Verlust an Biodiversität und neue Abhängigkeiten, die entstehen.