Bio vs. Regional

Eine Umfrage aus dem Jahr 2019 ergab, dass für die befragten Konsument*innen Bio und Nachhaltigkeit eine geringere Rolle spielen als die österreichische Herkunft und Regionalität der Lebensmittel. Aber wusstest du, dass saisonales Obst und Gemüse aus anderen Ländern manchmal eine bessere Klimabilanz als Heimisches hat?



In einer Zeit der Globalisierung und weltweiten Pandemie verstärkte sich der Trend, so viel wie möglich aus der Region zu beziehen, die benachbarten Produzent*innen zu unterstützen und zu hinterfragen, woher die Lebensmittel kommen, die auf dem Teller landen. Dass Menschen sich mit den Produkten auseinandersetzen, die sie tagtäglich konsumieren ist eine Entwicklung, die allgemein als sehr positiv zu bewerten ist. Allerdings sollte das Thema Regionalität nicht zu eng eingegrenzt und im Hinblick auf Nachhaltigkeit auch kritisch hinterfragt werden. Gemeinsam mit dem Verein für enkeltaugliche Umwelt und wissenschaftlichen Expert*innen haben wir uns das Thema näher angesehen und ein paar wichtige Erkenntnisse zusammengefasst:

Vertrauen ist gut, „Bio“ Kontrolle ist besser

In der Wahrnehmung Vieler sind regionale Lebensmittel qualitativ hochwertig – und das, ohne dass die Produktionsweise hinterfragt wird. Denn unter regional stellen sich viele Menschen kleinräumige Landwirtschaften vor, in denen Lebensmittel von benachbarten Produzent*innen in idyllischen Betrieben hergestellt werden. Man hat das Gefühl, die Herstellungsbedingungen zu kennen und so entsteht, meist ohne reale Grundlage, Vertrauen in die Qualität der Produktion. Regionale Lebensmittel werden mit zahlreichen Vorteilen in Verbindung gebracht, die von Transparenz, Sicherheit und Vertrauen bis hin zu höherer Qualität, kurzen Wegen und Förderung der regionalen Wirtschaft reichen.

Doch während „Bio“ durch die EU-Bio-Verordnung umfassend geregelt ist und Biolebensmittel kontrolliert und klar gekennzeichnet werden, ist der Begriff der Regionalität nicht durch umfassende Richtlinien eingegrenzt und definiert. Aus diesem Grund ist es ein Trugschluss zu glauben, dass regionale Produkte automatisch qualitativ hochwertiger oder nachhaltiger sind. Zum Beispiel umfasst das Biosiegel weitreichende Richtlinien zu Tierhaltung und Tierwohl. Standards, die bei regionalen Nicht-Bio-ProduzentInnen nicht gelten.

„Woher“ sagt nichts über „Wie“

Auch wenn kurze Wege und regionale Wertschöpfung natürlich für regionale Lebensmittel sprechen, kann von der Distanz allein, die zwischen dem Ort der Produktion (oder Teilen davon) und dem des Konsums der Lebensmittel liegt, weder auf die Qualität eines Nahrungsmittels noch auf (wirtschaftliche) Vorteile für eine Region geschlossen werden. Kauft man ein Produkt eines regionalen Produzenten, ist noch nicht garantiert, dass alle Produktionsschritte und Rohstoffe aus der “Region” sind. Der Herkunftsbegriff „Regional“ kann sich zum Beispiel auch lediglich auf Produktzutaten oder auch auf einzelne Produktionsschritte beziehen. So kann es vorkommen, dass das österreichische Schwein, dessen Fleisch wir regional beziehen, mit südamerikanischem Sojaschrot gefüttert wurde. Zudem sagt das regionale Schnitzel nichts darüber aus, wie die Schweine gehalten wurden und was sie zu fressen bekamen. Auch bei regionalem Gemüse kann der/die Konsument*in meist nicht nachvollziehen, ob und welche Pestizide eingesetzt wurden. Im Gegensatz dazu weiß man bei Biolebensmitteln aufgrund der klaren Richtlinien und der einheitlichen Kennzeichnung, was man bekommt und welche Kriterien und Vorgaben erfüllt wurden. Lese hier mehr zum Thema Tierwohl in der Bio-Tierhaltung.

Regional ist nicht gleich nachhaltig

Was ist nachhaltiger – die Bio-Erdbeere aus Italien oder die herkömmliche Erdbeere aus dem Glashaus in Österreich? In der Gesamtheit der Treibhausgasemissionen der Lebensmittelproduktion macht der Transport „nur“ einen Anteil von durchschnittlich rund 10 % aus. Biologische Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion wirken sich aufgrund der Produktionsweise und des Verzichts von Pestiziden positiv auf Klima, Biodiversität und Bodengesundheit aus. Je nach Produktionsort, Produktionssystem und Saisonalität haben Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion sehr unterschiedliche Auswirkungen auf das Klima. In Österreich verursacht die Landwirtschaft etwa neun Prozent der entstehenden Treibhausgasemissionen, bei Berücksichtigung der vorgelagerten Bereiche wie z.B. die Produktion schnell löslicher mineralischer Düngemittel sind es sogar 13-15 Prozent.

Da sich Treibhausgasemissionen gerade in der landwirtschaftlichen Produktion durch biologische Bewirtschaftung deutlich reduzieren lassen (unter anderem auch, weil im Biolandbau keine schnelllöslichen Mineraldünger eingesetzt werden dürfen), punktet regionale Lebensmittelproduktion beim Klimaschutz erst vor allem in Kombination mit Bio.

Denn auch wenn es empfehlenswert ist, durch die persönliche Ernährungsweise für ein möglichst geringes Transportaufkommen zu sorgen, greift Regionalität in Sachen Klimaschutz oft zu kurz. So ist z. B. der saisonale Freilandanbau von Gemüse und Obst deutlich weniger klima-belastend als ihre Erzeugung in (mit nicht erneuerbaren Energieformen) beheizten Glashäusern oder Folientunneln.

Die Bio-Erdbeere aus Italien gewinnt sogar, wenn wir auf den Fußabdruck achten wollen.

Neben den Treibhausgasemissionen zählen auch der Erhalt der Biodiversität, der Schutz von Boden und Wasser sowie Tierwohl zu wichtigen Aspekten, wenn es um die Beurteilung der ökologischen Nachhaltigkeit geht. Und auch für diese relevanten ökologischen Faktoren lassen sich kaum allgemeingültige Aussagen über die Vorteilhaftigkeit regional erzeugter Lebensmittel treffen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Regionalität allein im Gegensatz zu Bio kein Nachhaltigkeitskonzept ist. Allerdings könnte sich die regionale Lebensmittelproduktion gemeinsam mit der biologischen Landwirtschaft als starkes Duo positionieren. Als Entscheidungshilfe beim Lebensmitteleinkauf kann man darum Folgendes festhalten: Bio, saisonal, regional – und zwar am besten auch in dieser Reihenfolge.